HKZ-Desaster – FDP redet Klartext und rechnet mit den Verantwortlichen knallhart ab

„Der Landrat hat unseren Landkreis finanziell ruiniert und gesellschaftlich gespalten!“

Mit drastischen Worten kritisieren sowohl die FDP-Kreistagsfraktion als auch der FDP-Stadtverband Bad Hersfeld das desolate Kommunikations- und Krisenmanagement von Landrat Dr. Koch seit dem überstürzten Kauf des privaten Herz- und Kreislaufzentrums (HKZ) in Rotenburg im Dezember 2015, wodurch nun der größte finanzielle und auch gesellschaftliche Schaden für den Landkreis Hersfeld-Rotenburg seit der Gebietsreform 1972 angerichtet worden ist.

Die Übernahme des HKZ – Ein finanzielles Fass ohne Boden

Im Dezember 2015 hat der Landkreis gegen die Stimmen der FDP und auf Empfehlung von Landrat Dr. Koch sowie des damaligen Geschäftsführers des Bad Hersfelder Klinikums, Herrn Ködding, das private Herz- und Kreislaufzentrum (HKZ) in Rotenburg vollständig für ca. 100 Millionen Euro erworben, während eine Vielzahl an Städten und Landkreisen zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Krankenhäuser aufgrund fehlender Liquidität und der Unkalkulierbarkeit des Kostenrisikos teilprivatisiert haben.

Hierfür hat sich der Landrat bundesweit Schlagzeilen verschafft und behauptet, dass dies die beste Lösung für die Mitarbeiter im HKZ und ein zukunftssicherer Plan für die Gesundheitsversorgung im gesamten Landkreis seien. Des Weiteren versprachen sowohl er und auch Herr Ködding eine finanzielle „Schwarze Null“ ab dem Jahr 2017 von dessen Ergebnis der Landrat auch ursprünglich sein politisches Schicksal und eine weitere Landratskandidatur abhängig gemacht hat.

„Dieser Schritt wurde kurzfristig und unter großem Druck im Hinterzimmer zwischen Landrat Dr. Koch, den Fraktionsspitzen von CDU und SPD und weiterer Fraktionen abgestimmt und den Kreistagsmitgliedern anschließend mit dem Hinweis der Alternativlosigkeit zur Abstimmung gestellt, um die Arbeitsplätze und die Gesundheitsversorgung im Landkreis Hersfeld-Rotenburg angeblich zu retten. Die FDP-Fraktion hat bereits in 2015 auf die finanziellen Gefahren hingewiesen, bestehende Alternativen  aufgezeigt und als einzige Fraktion daher auch gegen den Kauf gestimmt.“, sagt FDP-Fraktionsvorsitzender Bernd Böhle.

Verschwiegen wurde den Mitgliedern des Kreistages nämlich bewusst ein Schreiben des RhönKlinikums, in dem dieses ein Kauf- bzw. Beteiligungsinteresse an dem HKZ dem Landrat mitgeteilt und um einen gemeinsamen Gesprächstermin mit den Fraktionen im Kreistag gebeten hat. Ein solches Gespräch ist nicht zu Stande gekommen und der Landrat hat im Kreistag auf Nachfrage der FDP eingestanden, dass er das Schreiben nicht an die Mitglieder des Kreistages weitergeleitet hat, da sich ohnehin alle einig gewesen sind, das HKZ zu kaufen.

Herr Ködding, hat zudem immer wieder verlautbart, dass ein Einstieg des RhönKlinikums beim HKZ verhindert werden muss, damit sich ansonsten die bislang private Spezialklinik durch die Liquidität des RhönKlinikum-Konzerns finanziell enorm aufrüsten und sanieren könnte und damit dann das Bad Hersfelder Klinikum auf Dauer nicht mehr konkurrenzfähig sei.  

„Doch diese Ansicht ist nur sehr engstirnig bedacht gewesen. Denn bei einem Kauf des HKZ durch das RhönKlinikum hätte das HKZ bereits in 2015 vor der Insolvenz gerettet werden können und eine Vielzahl der Arbeitsplätze wäre ebenfalls in Rotenburg verblieben. Eine finanzielle Aufrüstung des HKZ  hätte möglicherweise zwar eine stärkere Konkurrenzsituation zum Bad Hersfelder Klinikum in Teilbereichen bedeutet, hingegen aber eine gute Gesundheitsstruktur auch im nördlichen Teil des Kreises ermöglicht. 

Zudem hätte man mit den eingesparten ca. 100 Millionen Euro ausreichend monetäre Mittel noch vorhanden gehabt, um sowohl das Bad Hersfelder Klinikum als auch das Rotenburger Kreiskrankenhaus, welche beide, im Gegensatz zum HKZ, Akutkliniken sind, auf Vordermann zu bekommen.“, sagt FDP-Kreistagsmitglied Rolf Malachowski.

Keine drei Monate nach der Ankündigung der „Schwarzen Null“ stellte sich im Dezember 2017 jedoch heraus, dass diese Ankündigung nicht einmal im Ansatz haltbar gewesen ist und neben der bisher im Haushalt veranschlagten Anschubfinanzierung nun eine weitere Finanzspritze durch den Kreistag in Höhe von sechs Millionen Euro beschlossen werden musste. In der Beschlussvorlage für die Kreistagsmitglieder wurde diese Zahl bewusst verschleiert und von „monatlichen Einlagen zur Eigenkapitalaufstockung in Höhe von bis zu 500.000 Euro“ gesprochen.

Im Zusammenhang mit den Klinikfinanzen, die inzwischen immer mehr zum Fass ohne Boden geworden sind, hat der CDU-Fraktionsvorsitzenden Höttl im September 2018 der FDP-Kreistagsfraktion „Wahrnehmungsstörungen“ unterstellt. Doch nun zeigt sich jedoch, dass die Kritik der FDP-Kreistagsfraktion absolut berechtigt und richtig gewesen ist. 

Im März 2020 erfolgte schließlich die bislang letzte kumulierte Finanzspritze in Höhe von fast 20 Millionen Euro. So dass wir inzwischen ca. 130 Millionen Euro seit 2015 als Landkreis für den Klinikkonzern bezahlt haben. Wenn man dieses Geld auf unsere 20 Städte und Gemeinden im Landkreis aufteilt, so ist dies doch eine beträchtliche Summe, die die Bürgerinnen und Bürger als Steuerzahler für die größte Fehlentscheidung in der Geschichte des Landkreises seit der Gebietsreform 1972 zu tragen haben. Und das nur, weil Alternativen nicht geprüft oder zumindest berücksichtigt worden waren.

Gesellschaftliche Spaltung des Landkreises Hersfeld-Rotenburg ausgelöst

Nun musste auch der Landrat und die Geschäftsführung eingestehen, dass das deutschlandweit einmalige Klinik-Projekt katastrophal gescheitert ist und dringend ein Restrukturierungskonzept umgesetzt werden muss, um den Karren, der bereits vor die Wand gefahren worden ist, wieder einigermaßen stabil zu bekommen.

Im März 2020 kündigte der Landrat an, dass ein entsprechendes Gutachten durch das Unternehmen Curacon erstellt wird, welches Ende Mai 2020 vorliegen sollte und dann den Kreistagsfraktionen zur intensiven Beratung vorgelegt wird. Dieses Gutachten ist bis zum heutigen Tage jedoch nicht an die Kreistagsfraktionen versandt worden. 

Stattdessen mussten sowohl die Kreistagsmitglieder, als auch die Mandatsträger in den Städten Rotenburg und Bad Hersfeld, die umfangreichen Pläne zur Verlagerung des HKZ von Rotenburg nach Bad Hersfeld erst aus der Zeitung erfahren. Dieses Vorgehen führte bereits zu Rücktrittforderungen gegenüber der neuen Geschäftsführung. Gutgeheißen wurde das Vorgehen nur durch Landrat Dr. Koch, welcher diese Art der Kommunikation offensichtlich mit der Geschäftsführung abgestimmt hatte und welche symptomatisch für das Selbstverständnis seiner Amtsführung ist. 

„Durch diese desolate Art und Weise des Kommunikations- und Krisenmanagements hat der Landrat unseren Landkreis nicht nur finanziell ruiniert, sondern auch gesellschaftlich gespalten!“, beschreibt FDP-Fraktionsvorsitzender Bernd Böhle die aktuelle Lage.

Die FDP-Fraktion hat gemeinsam mit dem Landrat und anderen Kreistagsfraktionen dafür unterschrieben, sachorientiert nach dem besten Weg für die Zukunft unserer Gesundheitsversorgung im gesamten Landkreis Hersfeld-Rotenburg zu ringen. Wir sind dabei immer davon ausgegangen, dass dies transparent und in Ruhe geschieht und die vorhandenen Alternativen intensiv geprüft werden sollen. Leider sind wir hier wohl arglistig getäuscht worden.

Die Mitglieder der FDP-Kreistagsfraktion stellen sich dabei die Fragen, „Warum  wird z. B. die Alternative, von Herrn Dr. Oechsner, dem medizinischen Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses Rotenburg a. d. Fulda, welcher einen Abriss des ehemaligen Kreisaltenzentrums und eines Neubau des HKZ dort vorgeschlagen hat, nicht intensiv geprüft? Warum wird das Gespräch mit den Bürgerinitiativen nicht gesucht? Warum soll den Mitgliedern des Kreistages am 14.09.2020 ein Bericht des Landrats zur Kliniksituation vorgetragen werden, ohne dass diese das in Auftrag gegebene Gutachten zur Restrukturierung überhaupt kennen und die Entscheidungen bereits vorab in der Gesellschafterversammlung getroffen wurden?“

„Die Antwort darauf wissen wohl nur der Landrat und die ihm hierbei unterstützenden Fraktionen von CDU und SPD. Das Alternativen zu den Plänen des Landrats nicht erwünscht sind, dass kennen wir ja bereits aus der Diskussion um den 20-Millionen-Anbau an das Landratsamt, welcher nicht notwendig gewesen wäre.“, so FDP-Fraktionsvize Timo Krause.

„Wir als FDP-Fraktion können es daher absolut nachvollziehen, wenn die Bürger aus Rotenburg und dem nördlichen Teil des Landkreises sich hier im Stich gelassen führen und nicht sich fragen, weshalb nun die Gesellschafterversammlung und der Aufsichtsrat, wie bereits in 2015, vorschnell im Hinterzimmer agieren und unter Druck und ohne Prüfung adäquater Alternativen hier wieder Tatsachen schaffen, ohne die Bevölkerung und andere Gesundheitsexperten einzubinden.“, sagt der stellv. FDP-Stadtverbandsvorsitzende von Bad Hersfeld, Christian Anschütz.

„Auch die Mandatsträger in der Stadt Bad Hersfeld, können dies überhaupt nicht nachvollziehen, da sie ebenso wenig wie auch die Mandatsträger in der Stadt Rotenburg a. d. Fulda, mit Ausnahme von Herrn Bürgermeister Grunwald, der im Aufsichtsrat sitzt, in diese Entscheidungen von überregionaler Bedeutung miteingebunden worden sind. Als prägendes Beispiel ist auch hier die beabsichtigte Verlagerung der Orthopädie in Bad Hersfeld zu nennen, die bislang erfolgreich und gewinnbringend gearbeitet hat.“, sagt der Bad Hersfelder FDP-Stadtverbandsvorsitzender Björn Diegel.

Fazit 

Zusammenfassend stellt sich heraus, dass die Warnungen der FDP vor den finanziellen Folgen der Klinikübernahme zutreffend gewesen sind und nichts Gutes dabei herauskommen kann, wenn der Landrat gemeinsam mit den Fraktionsspitzen von CDU und SPD Vorentscheidungen im Hinterzimmer fällen, die dann den Kreistagsmitgliedern als Alternativlos zum „Abnicken“ oder auch nur zur nachträglichen Kenntnis präsentiert werden, obwohl bestehende Alternativen nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden sind. Die FDP lehnt diese Art von Politik grundlegend ab und fragt sich, weshalb der Aufsichtsrat seiner Kontrollfunktion zu keiner Zeit gerecht geworden ist.

Von den Verantwortlichen sind die Fragen zu beantworten, was diese Entscheidungen nun für konkrete Auswirkungen auf die Arbeitsplätze der einzelnen Mitarbeiter bedeuten. Ebenso ist durch den Aufsichtsrat zu prüfen, inwieweit die Geschäftsführungen für die getroffenen Fehlprognosen und Entscheidungen in den Jahren seit der Übernahme des HKZ in 2015 mit in die Haftung genommen werden können. Sollte sich hierbei gegebenenfalls herausstellen, dass diese sogar von einer Haftung befreit worden sind, so wäre dies ein weiterer Skandal.

Die politische Verantwortung für die finanzielle Ruinierung und die gesellschaftliche Spaltung unseres Landkreises trägt Landrat Dr. Koch, welcher sein politisches Schicksal stets medienwirksam mit dem Gelingen des Klinik-Projektes verbunden hat und nun dennoch weiter machen will. Die Bürgerinnen und Bürger Hersfeld-Rotenburgs müssen daher nun selbst entscheiden, ob sie diesem Landrat und seinen unterstützenden Fraktionen noch vertrauen können.

Beitragsbild von Uta44 (wikipedia)